Meilenstein in der saarländischen Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe: Runder Tisch stellt Konzept vor

„Aus einer schwierigen Situation ist eine Chance entstanden“, sagte Tobias Mierzwiak, Abteilungsleiter „Soziale Teilhabe“.

v.l.n.r.: Stephan Manstein (Wärmestube Saarbrücken), Minister Magnus Jung, Tobias Raab (Landeshauptstadt Saarbrücken)

Foto: Pressestelle MASFG/Tourioglou

„Durch den konstruktiven Austausch auf der fachlichen Ebene ist ein Konzept entstanden, dass zur Weiterentwicklung des Systems beitragen kann.“ Am "Runden Tisch Wohnungsnot" war auch die Diakonie beteiligt.

Die saarländischen Hilfseinrichtungen für Wohnungs- und Obdachlosigkeit geraten mehr und mehr an ihre Grenzen. Vor diesem Hintergrund haben sich alle relevanten Akteur*innen im Saarland vereint, um nach konzeptionellen Weiterentwicklungen des bestehenden Systems und nach neuen Kommunikationswegen zu suchen.

Gestern Nachmittag wurde das erste gemeinsame Konzept „Wohnungsnot im Saarland“ vorgestellt. Mit dabei waren unsere erfahrenen Sozialarbeiter in der Wohnungslosenhilfe, Achim Ickler und Thomas Braun, Abteilungsleiter Tobias Mierzwiak und Diakonie-Geschäftsführer Matthias Ewelt. Die Diakonie, in der Wohnungslosenhilfe in Neunkirchen, Saarbrücken, Völklingen und Saarlouis aktiv, will die bisherigen Angebote entsprechend der stetig wandelnden Herausforderungen kontinuierlich weiterentwickeln.

Wohnungs- und Obdachlosenhilfe im Saarland analysiert

Für die Konzeption hat der „Runde Tisch Wohnungsnot“ die Situation der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe im Saarland analysiert, Versorgungslücken identifiziert und anschließend 31 Handlungsempfehlungen in sieben Handlungsfeldern abgeleitet. Damit wird an den im Januar aufgestellten 5-Punkte-Plan angeknüpft.

Sozialminister Magnus Jung erläutert dazu: „Wir haben im Saarland im Bereich der Wohnungslosen- und Obdachlosenhilfe zwar ein insgesamt gut ausgebautes Unterstützungssystem, welches allerdings seit Jahren mit neuen Herausforderungen konfrontiert wird. Neue Zielgruppen aber auch die Zunahme an multiplen Problemlagen der Betroffenen machen eine Neuausrichtung dringend notwendig. Wir brauchen neue Antworten auf neue Herausforderungen! Unser Ziel ist, Wohnungs- und Obdachlosigkeit bis zum Jahr 2030 deutlich zu reduzieren. Das heute vorgestellte Konzept wird dafür wegweisend sein. Außerdem werden wir einen Wohnungslosenbericht für das Saarland erstellen lassen.“

Einbindung der Betroffenen

Die Einbindung der Betroffenen war bei der Konzeptionierung von großer Bedeutung. Der Runde Tisch erarbeitete einen Fragebogen, der über die Akteur*innen in der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe verteilt wurde. Mit einem Rücklauf von 309 Antworten lieferte diese im Saarland einmalige Befragung interessante, vielschichtige und für die Zukunft relevante Ergebnisse. Beispielsweise gaben fast 75 Prozent von 309 Befragten an akut von Wohnungslosigkeit betroffen zu sein. Eine gesicherte Größe in einem statistisch schwer zu bezifferten Bereich mit hoher Dunkelziffer. Außerdem leben laut Umfrage Männer prozentual häufiger auf der Straße, wohingegen Frauen öfter in ihren sozialen Netzwerken (Freundeskreis, Familie etc.) unterkommen.

Insgesamt beläuft sich die Gruppe der in staatlichen Einrichtungen untergebrachten Personen nach dem Statistischen Bundesamt im Saarland auf 2.805 Personen. Die Personenzahl von sog. verdeckt Wohnungslosen und auf der Straße lebenden Menschen liegt nach der Studie im höheren dreistelligen Bereich. Diese Zahl unterstützen auch 1.136 Postmeldeadressen im Saarland. 

Neuausrichtung der Hilfen und Verstetigung des Projekts Housing First

Zentrale Handlungsfelder in der Neuausrichtung der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe werden u.a. neue Angebote für Frauen und junge Erwachsene, Modelle im Bereich der medizinischen Versorgung sowie die Verstetigung und Ausweitung des Projekts Housing First sein. 

Mierzwiak sprach dem Sozialminister seinen Dank für die gute und stetige Zusammenarbeit insbesondere im Projekts „Housing First“ aus: „Durch die stetige Interaktion und den Austausch von Ideen wird das Projekt kontinuierlich weiterentwickelt. Das Projekt ist ein erfolgreicher Ansatz: knapp 90 Prozent der Teilnehmer*innen leben noch in ihrer Wohnung. Kündigungen durch Vermieter*innen gab es in dem seit fünf Jahren laufenden Projekt noch nicht.“ Das sei ein weiter Indikator des Erfolges.

Eine Kurzzusammenfassung des Konzeptes „Wohnungsnot im Saarland - Weiterentwicklung der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe“ finden Sie im Anhang.

Auch der Aktuelle Bericht des Saarländischen Rundfunks berichtete in der gestrigen Sendung über die steigenden Wohnungsnot und das Konzept.