Zunehmend viele Menschen verschulden sich wegen "Buy now, Pay later"-Angeboten

"Buy now, Pay later"-Angebote sind beim Online-Shopping immer beliebter – und spielen eine immer größere Rolle bei Verschuldungsproblemen. Das berichtet die Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) auf der Grundlage einer bundesweiten Umfrage.

An der Umfrage teilgenommen habe die gemeinnützigen Schuldnerberatungsstellen, deren Ergebnisse im Rahmen der Aktionswoche Schuldnerberatung mit dem Motto "Buy now - Inkasso später" (10. bis 14. Juni) veröffentlicht werden.

 

Die AG SBV, die 1.400 Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände und der Verbraucherzentralen vertritt, fordert striktere Transparenzregeln für solche Angebote und finanzielle Bildung für alle von klein auf. Je früher die Medien- und Finanzkompetenz im Umgang mit Geld, Handy und Internet erlernt wird, desto besser wirkt sie sich auf das spätere Verhalten in einer konsumorientierten Welt aus, so die AG SBV.  

 

"Das Risiko, den Überblick zu verlieren, ist groß"

In der im April 2024 durchgeführten Umfrage haben 65 Prozent der teilnehmenden Beratungsstellen berichtet, dass Probleme im Zusammenhang mit "Buy now, Pay later"-Angeboten im Vergleich zum Frühsommer 2023 zugenommen hätten. Das ist die am häufigsten genannte Entwicklung über diesen Zeitraum. Gerade jungen Menschen begegnen im Netz ständig verlockende Angebote, bei denen die Frage der Zahlung in die Zukunft verbannt werden kann, berichten die Expertinnen und Experten der AG SBV. Bei einigen Bezahlsystemen ist der Button, über den sofort bezahlt werden könnte, gut versteckt. Die Bezahlung der Rechnung erfolgt häufig über Drittanbieter und die Grenzen zwischen Kauf und Ratenfinanzierung verschwimmen.

"Das Risiko, den Überblick zu verlieren, ist groß und der Weg ist in die Schuldenfalle vorgezeichnet", sagte Roman Schlag, Referent für Schuldnerberatung beim Caritasverband für das Bistum Aachen und Sprecher der AG SBV. "Wir fordern eine Transparenzpflicht bei diesen Angeboten. So sollen Zinsen klar und verständlich ausgewiesen werden – und nicht als Fußnote".

 

Nachfrage der Schuldnerberatung steigt weiter

Beinahe die Hälfte der Beratungsstellen (48 Prozent) berichtet von einem höheren Aufkommen an Ratsuchenden mit Energieschulden, in 28 Prozent kommen mehr Klientinnen und Klienten, die Mietschulden haben, als noch im Herbst 2023. In 44 Prozent der Beratungsstellen nehmen mehr Erwerbstätige das Angebot der Schuldnerberatung in Anspruch als vor sechs Monaten, in 30 Prozent mehr Selbständige und Solo-Selbständige und in 27 Prozent mehr Rentnerinnen und Rentner.

Die Umfrageergebnisse bestätigen einen Trend, der mit der Corona-Pandemie gestartet hat und sich vor dem Hintergrund einer hohen Inflation verstärkt hat: "Von Verschuldung sind immer mehr Menschen betroffen, die früher nicht oder selten zum Klientel der Beratungsstellen gehörten – also Leute mit einem sicheren Job, Selbständige, oder auch Menschen mit Wohneigentum", erläutert Roman Schlag. "Insgesamt hat die Nachfrage nach Schuldnerberatung weiter zugenommen, was zu Engpässen und langen Wartezeiten bei der Terminvergabe führt", so Schlag weiter. "Aber wir wissen: Bei Geldsorgen ist der Faktor Zeit sehr wichtig."

In 44 Prozent der Beratungsstellen lag die Nachfrage im Frühjahr 10 bis 30 Prozent höher als im Herbst, in 17 Prozent von ihnen sogar über 30 Prozent höher.  

Vor diesem Hintergrund fordern die Verbände ein Recht auf Schuldnerberatung und einen besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher durch leicht zugängliche und verlässliche Beratungsstrukturen. Auch die Europäische Union erhebt diese Forderung den Mitgliedstaaten gegenüber.

"Ein Recht auf Schuldnerberatung für alle Verbraucherinnen und Verbraucher und der entsprechende Ausbau der Beratungsstrukturen sind in Deutschland überfällig", sagt dazu Wiebke Rockhoff, Referentin für Armutsbekämpfung, Allgemeine Sozialarbeit und Schuldnerberatung bei der Diakonie Deutschland. "Wie Forsa-Umfragen belegen, wünschen sich junge Menschen in der digitalen Konsumwelt selbst explizit mehr Wissen zu finanziellen Themen - wir alle haben die Verantwortung, ihnen diese Orientierung zu bieten und sie nicht dem Markt zu überlassen. Als Schuldnerberatung in Trägerschaft der Verbände wollen wir gemeinsam mit Schulen und anderen Akteuren mehr Präventionsarbeit leisten und Finanzbildung vermitteln. Dafür müssen wir auch verlässlich die Mittel erhalten. Ganz abgesehen davon, dass die gesellschaftlichen Folgekosten von Überschuldung deutlich höher sind als die Finanzierung verlässlicher Prävention und Beratung."

 

Hintergrund und weitere Informationen

In der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungsstellen der Verbände (AG SBV) haben sich die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege (Deutscher Caritasverband, Diakonie Deutschland, Arbeiterwohlfahrt Bundesverband, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Deutsches Rotes Kreuz), der Verbraucherzentrale Bundesverband und die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung mit insgesamt 1.400 Beratungsstellen zusammengeschlossen. Die AG SBV führt seit dem Jahr 2021 regelmäßig Umfragen in den Beratungsstellen durch. An der fünften Befragungswelle zwischen dem 11. April und dem 21. Mai 2024 haben sich 628 Beratungsstellen beteiligt. 

In der diesjährigen Aktionswoche Schuldnerberatung der AG SBV mit dem Motto "Buy now - Inkasso später" (10. bis 14. Juni) wird durch Aktionen, Gespräche und Veranstaltungen auf lokaler Ebene auf die zunehmenden Risiken von „Buy now, Pay later“ Angeboten hingewiesen.

 

Ergebnisse aus der 5. Umfrage in den Schuldnerberatungsstellen – Frühjahr 2024 https://www.diakonie.de/diakonie_de/user_upload/diakonie.de/PDFs/Presse/5._Umfrage_der_Schuldnerberatungsstellen_2024.pdf

 

Forderungspapier zur Aktionswoche 2024:

https://www.aktionswoche-schuldnerberatung.de/aw24-forderungspapier

Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatungsstellen der Verbände:

https://www.agsbv.de/

 

Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Verena Götze, stellv. Pressesprecherin Diakonie Deutschland, Tel. +49 30 65211-1598, E-Mail: pressestelle(at)diakonie.de, www.diakonie.de