Am Tag der Wohnungslosen hatten Wohlfahrtsverbände und Initiativen unter dem Motto „Gemeinsam mehr erreichen“ in Saarbrücken auf die Not und die Bedarfe von Wohnungs- und Obdachlosen aufmerksam gemacht. Sie informierten über Anlaufstellen bei drohender Wohnungslosigkeit und standen für Fragen zur Verfügung. Ewelt freute sich über die gemeinsame Aktion und erklärte die Herausforderung: „Gepaart mit den gestiegenen Lebenshaltungskosten und immer wieder auch psychischen Problemen bei den Hilfesuchenden wird es immer schwerer, die Menschen adäquat aufzufangen und zu unterstützen. Hier bedarf es ausdifferenzierter Hilfsangebote, Vernetzung und Kooperation unter allen Beteiligten – was auf vielen Ebenen schon gut gelingt.“
Die Diakonie Saar bietet in Saarbrücken bereits eine große Palette an Unterstützung für Menschen ohne Obdach oder in prekären Wohnverhältnissen an. Neben der allgemeinen Beratung engagieren sich die Mitarbeitenden in den Projekten EULE.plus, Housing First, Ambulant Betreutes Wohnen oder der Herberge zur Heimat dafür, dass Menschen ein adäquates Dach über dem Kopf und damit zurück in ein stabiles Leben finden. In der Praxis medizinische Grundversorgung behandelten Ärzte ehrenamtlich allein im letzten Jahr über 650 Patienten. „Sie sind häufig nicht krankenversichert oder trauen sich nicht, reguläre medizinische Angebote in Anspruch zu nehmen, da dies für diese Menschen oft mit großer Scham behaftet ist oder sie Erfahrung von Ablehnung oder Ausgrenzung erlebt haben“, erklärte Ewelt diesen wichtigen Baustein in der Wohnungslosenhilfe.
Was Ewelt Sorge macht: „Unsere Mitarbeitenden stellen fest, dass die Menschen, die unsere Hilfe annehmen, zunehmend das Vertrauen in den Staat und seine Institutionen verlieren.“ Dies läge auch daran, dass es immer schwieriger wird, angemessenen und bezahlbaren Wohnraum zu finden. Und in der Beratung wird deutlich: Immer wieder werden Sozialleistungen nicht in Anspruch genommen, auch da die Kommunikationsmöglichkeiten mit den jeweiligen Ämtern für die Betroffenen ohne Unterstützung oft zu schwierig sind.
Doch für diese Kommunikation braucht man eigentlich eine Meldeadresse. Menschen, die wohnungs- oder obdachlos sind oder in prekären Wohnsituationen leben und deshalb über keine Meldeadresse verfügen, können eine Postadresse im Haus der Diakonie einrichten. Auch hier gab es einen deutlichen Anstieg: Waren es im Dezember 2020 noch 149, sind es mittlerweile über 400. „Wir sind froh, dass wir Menschen auf diese Weise einen ersten Schritt weiterhelfen können“, betont Ewelt diese erste Möglichkeit an Hilfsangebote anzudocken. „Es liegt aber noch viel gemeinsame Anstrengung vor uns, wenn es gelingen soll, das kein Mensch mehr auf der Straße leben muss.“
Anlässlich des Tages der Wohnungslosen am 11. September fordern die Diakonie Deutschland, die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe und weitere Organisationen die Bundesregierung auf, gezielte Maßnahmen zur Überwindung von Wohnungslosigkeit bis 2030 umzusetzen. Dazu gehören insbesondere ein verbesserter Schutz vor Wohnungsverlust, z.B. durch den Ausbau von zentralen Fachstellen zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit, sowie die Schaffung von Wohnraum speziell für wohnungslose Menschen.
Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland: „Wohnungslosigkeit ist die extremste Form von Armut in unserer Gesellschaft und stellt eine soziale Notlage dar. Wir dürfen nicht zulassen, dass immer mehr Menschen auf der Straße verelenden und insbesondere Familien mit Kindern mangels eigener Wohnung in Notunterkünften untergebracht werden müssen. Der im April dieses Jahres verabschiedete Nationale Aktionsplan gegen Wohnungslosigkeit der Bundesregierung hat wichtige Leitlinien zur Überwindung der Wohnungslosigkeit bis 2030 festgeschrieben. Jetzt kommt es darauf an, diese Leitlinien in konkrete Maßnahmen zu übersetzen und sie schnellstmöglich umzusetzen. Das Recht auf Wohnen muss für alle Menschen in unserer Gesellschaft Wirklichkeit werden.“
Wohnungs- und Obdachlosigkeit - Diakonie Deutschland