Sie fordern zu Weihnachten die Rückbesinnung auf eine Politik, die sich an der Botschaft Jesu und den daraus hervorgehenden christlichen Werten orientiert und die Würde des Menschen respektiert. Sie sprechen sich gegen eine Verschärfung des Asylrechts und für eine bessere Integration sowie mehr Solidarität mit Schutzsuchenden aus.
Flucht ist Teil der Weihnachtsgeschichte: Nach der Geburt Jesu müssen Maria und Josef mit dem neugeborenen Kind vor der Verfolgung durch König Herodes nach Ägypten fliehen (Matthäus 2,13-15). Diese Erfahrung macht die Heilige Familie zu einer Familie auf der Flucht und stellt Jesus von Anfang an die Seite von Verfolgten und Schutzsuchenden.
Weihnachten ruft dazu auf, diese Botschaft praktisch umzusetzen: Gastfreundschaft heißt in der Bibel immer auch: Fremde aufzunehmen und ihnen Schutz zu gewähren (Hebräer 13,2).
Die Botschaft von Weihnachten fordert dazu auf, Menschen in Not mit Mitgefühl und Tatkraft zu begegnen. Sie lädt ein, Fremden nicht Ablehnung, sondern Offenheit und Liebe entgegen zu bringen. Sie erinnert daran, dass in der Unterstützung der Schwachen und Bedürftigen Gott selbst erfahrbar wird. In diesem Sinne ist Weihnachten ein radikaler Ruf zur Solidarität mit Flüchtlingen und allen Benachteiligten.
Von daher ergeben sich für uns praktische Konsequenzen daraus, wie wir diakonisch, gesellschaftlich und politisch mit Flüchtlingen und Fremden umgehen sollen in einer nach wie vor christlich geprägten Gesellschaft:
Wir teilen die von einigen sofort nach dem Sturz des Assad-Regimes erhobenen Forderungen, Syrer umgehend nach Syrien abzuschieben, nicht. Die humanitäre und politische Lage in Syrien wird von uns Kirchenvertretern, aber auch Hilfsorganisationen, weiterhin als äußerst prekär angesehen. Syrien ist derzeit (noch) kein sicheres Rückkehrland. Gefahren wie Folter, Gewalt und eine katastrophale humanitäre Situation bleiben bestehen, besonders für religiöse Minderheiten wie Christen, die im Bürgerkrieg stark gelitten haben und oft Ziel von Übergriffen waren.
Auch sind die Forderungen ein schlechtes integrationspolitisches Signal an die bereits bei uns gut integrierten Syrer, die hier leben, arbeiten und bleiben wollen, für unser Wirtschaftsleben auch unverzichtbar sind, sich dennoch aber große Sorgen um ihre in Syrien verbliebenen Angehörigen machen.
Auch wenn wir uns für alle syrischen Flüchtlinge gleich welcher Religion stark machen, so weisen wir besonders auf die Notlage der verbliebenen Christen in Syrien hin. Viele Gemeinden sind überaltert, und es gibt einen massiven Exodus, der die langfristige christliche Präsenz in Syrien gefährdet. Die humanitäre Hilfe und der Schutz für Geflüchtete sind uns zentrales Anliegen. Wir lehnen daher die Rückkehr in ein unsicheres Umfeld ab.
Zudem fordern wir eine differenzierte Abschiebepolitik, die humanitäre Aspekte priorisiert. Übereilte Abschiebungen erhöhen die Gefahr für die Betroffenen erheblich.
Syrische Flüchtlinge müssen geschützt bleiben, bei migrationspolitischen Entscheidungen müssen die Menschenrechte und die Lage vor Ort stärker berücksichtigt werden.
Grundsätzlich stehen wir den aktuellen Abschiebungspraktiken sowie den Überstellungen nach der Dublin-III-Verordnung kritisch gegenüber.
- Dublin-Überstellungen: Die Umsetzung der Dublin-Verordnung ist in vielen Fällen problematisch: Betroffene werden oft in Länder zurückgeschickt, die sie aufgrund ihrer Ersteinreise betreten haben, auch wenn die Lebensbedingungen für Geflüchtete dort menschenunwürdig oder gefährlich sind. Dies betrifft Länder wie Italien, Bulgarien und Griechenland, wo Migrantinnen häufig unter prekären Bedingungen leben müssen. Familienzusammenführungen sollten stärker berücksichtigt werden. Die Verantwortung muss solidarisch innerhalb der EU geteilt werden.
- Kritik an Leistungsausschlüssen und Verelendung: Im Kontext der aktuellen Migrationspolitik kritisieren wir auch geplante Einschränkungen, wie den Ausschluss bestimmter Schutzsuchender von Sozialleistungen. Wir sehen diese Maßnahmen als unverhältnismäßig und warnen vor der Verelendung der Betroffenen. Die Botschaft von Weihnachten ist auch, dass die Menschenwürde nicht migrationspolitisch relativiert werden darf, wie es das Bundesverfassungsgericht bereits festgestellt hat.
- Abschiebung vulnerabler Gruppen: Besondere Bedenken haben wir hinsichtlich der Abschiebung von vulnerablen Personen, etwa Schwangeren oder gesundheitlich beeinträchtigten Menschen. Eine Abschiebung stellt oft eine erhebliche psychische und physische Belastung dar, die sorgfältig geprüft werden muss.
- Integration sinnvoll und notwendig: Neben unserem Schutzauftrag wissen wir uns auch mit der Wirtschaft und vielen Kräften der Zivilgesellschaft einer Meinung, die in der entschlossenen Integration von Migrantinnen und Migranten, beispielsweise durch Sprachkurse, Integrationsangebote, Anerkennung von Abschlüssen, Bildung und Qualifizierung einen nicht nur wertvollen gesellschaftlichen Beitrag ausländischer Mitbürger*innen, sondern dringende Notwendigkeit für die Fachkräftegewinnung, die Versorgung, gesellschaftliche Weiterentwicklung und Wohlstand sehen.
Wir lehnen populistische Forderungen ab, die auf eine Verschlechterung der Lebensbedingungen von Migrant*innen abzielen, um sie von einem Verbleib oder einer Einwanderung nach Deutschland abzuhalten. Unsere Position gründet sich auf das christliche Menschenbild, das die Würde und den Schutz jedes Menschen unabhängig von seiner Herkunft betont.
Was würde Jesus dazu sagen? Er würde dazu aufrufen, Migrant*innen mit Offenheit, Mitgefühl und Liebe zu begegnen. Seine Botschaft der Nächstenliebe kennt keine nationalen oder kulturellen Grenzen. Zudem würde Jesus vermutlich die gesellschaftlichen und politischen Strukturen hinterfragen, die Flucht und Vertreibung erst verursachen.
Biblisch-theologisch ist der Umgang mit Flüchtlingen klar: Sie sollen mit Respekt, Liebe und Gerechtigkeit behandelt werden. So rufen wir dazu auf, nicht nur die Geburt Jesu an Weihnachten zu feiern, sondern auch nach dem Vorbild Jesu zu handeln, der stets die Schwachen, Fremden und Ausgegrenzten in die Mitte stellte.